Die geheimnisvolle Abdichtzone

Mythen und Legenden der Otoplastik

Veröffentlicht am: 8.10.2017
Autor/in: Mike
Lesezeit: Minuten

Um die Abdichtzone ranken sich Mythen und Legenden. Doch was genau ist die Abdichtzone? Und wo liegt sie überhaupt?

Laut Lübeck liegt die Abdichtzone zwischen dem unantastbaren und heiligen Tragus und dem ersten Knick des Gehörgangs. Demnach ist die Abdichtzone also etwas Festgelegtes und nicht beweglich. Die Abdichtzone dient, wie der Name schon sagt, der akustischen Abdichtung des Gehörgangs.

Da muss ich allerdings die ketzerische Frage stellen: „Wie sinnvoll ist eine Abdichtung in einem Bereich, der komplett beweglich ist?“

Der Tragus ist an sich nur ein kleines Stück Knorpel und fast so beweglich wie das Ohrläppchen. Der Bereich zwischen Tragus und erstem Knick besteht ebenso nur aus Knorpel und bewegt sich eigentlich ständig z.Bsp. beim Kauen, beim Sprechen, beim Zähneknirschen usw. In meinen Augen kann das keine gute Abdichtzone sein, denn das Ohrstück wird anhand einer drucklosen Abformung gefertigt. Um etwas Bewegliches mit etwas Festem, nicht Beweglichen abzudichten, muss es eigentlich einen Presssitz haben und alles soweit auseinander drücken, dass sich nichts mehr bewegen kann. Das ist aber nicht unser Ziel und kein Mensch würde so etwas freiwillig tragen.

Wie kann man das Ohr sinnvoll abdichten?

Ich persönlich finde es wesentlich sinnvoller im knöchernen Bereich abzudichten, also kurz vor dem 2. Knick oder darüber hinaus. Jetzt werden viele von euch wahrscheinlich denken, dass ist doch Folter für den Kunden. Da ich ja vorhin gesagt habe, dass sich der Gehörgang im knorpeligen Teil bewegen kann, übertragen sich diese Bewegungen natürlich auf die Otoplastik und das würde zu Reibungen im knöchernen Teil führen; also zu Schmerzen.

Wie können wir dieses Problem lösen?

Ich werde jetzt versuchen die Lösung nachvollziehbar herzuleiten. Schauen wir uns als erstes an wie eine Otoplastik in Laboren oder laut Lübeck gefräst wird. Die Abdichtzone liegt also zwischen Tragus und erstem Knick. In diesem Bereich sollte man nichts bearbeiten. Alles nach dem ersten Knick wird dann konisch bearbeitet, sodass die Bewegungen des Gehörganges auf die Otoplastik übertragen werden können, ohne dass es schmerzt. Soweit nichts Neues und auch alles recht logisch, wenn man mal davon absieht, dass wir versuchen einen beweglichen Bereich mit einem starren Ohrstück abzudichten. Wenn man nun aber die Bearbeitung komplett umdreht, also die Abdichtzone mit dem konisch bearbeiteten Bereich tauscht, bekommt man ein Ohrstück, das im knöchernen Bereich abdichtet und den knorpeligen Bereich ausspart. Der knorpelige Bereich sollte natürlich nicht konisch bearbeitet werden, sondern das Material sollte rund herum weggefräst werden, so dass man eigentlich im knorpeligen Teil keine Berührungspunkte mehr zur Otoplastik hat. Im Prinzip sieht das dann aus wie ein Apfel der rundherum gegessen wurde, oder wie die Black Beauty Otoplastik (die ich persönlich nicht so richtig mag, da am Gehörgangsende ein Dome sitzt). Ich hoffe bis hierher ist alles verständlich, denn jetzt kommt das nächste Problem, das vereinzelt auftreten kann.

Was passiert wenn der Kunde eine sehr dynamische Ohrmuschel hat?

Bei sehr aktiven, also sich bewegenden Ohrmuscheln, sei es durchs Lachen oder wodurch auch immer, kann es dazu kommen, dass wieder Schmerzen entstehen da sich das Ohrstück mit der Ohrmuschel mitbewegt. Um das zu beheben gibt es eine sogenannte Tandem-Otoplastik. Eine Tandem-Otoplastik hat zwei Bereiche, die beweglich voneinander getrennt sind. Man hat also den Bereich der Ohrmuschel und den Bereich des Gehörganges. Beide sind über den Schallschlauch miteinander verbunden (bei google Tandem-Otoplastik eingeben und auf Pahl-Otoplastik klicken, da ist eine abgebildet). Die Tandem-Otoplastik ist natürlich wieder so gearbeitet, dass die Abdichtzone im knorpeligen Teil liegt, sollte also eigentlich wieder andersrum gefräst werden (Abdichtzone knöcherner Teil, Material wegfräsen am knorpeligen Teil). Damit hätten wir dann dieses Problem auch gelöst und ja ich habe alles was ich hier geschrieben habe selbst gefräst und probiert. Zusammengefasst heißt das also, die Abdichtzone ist nichts festes Starres, sie lässt sich hinlegen, wo ihr es wollt. Wichtig ist dabei nur, dass man die Abdichtzone selbst nicht bearbeitet. Ihr könnt also auch mal den Tragus wegfräsen, wenn ihr die Abdichtung woanders habt. Am Schluss bleibt mir nur zu sagen:

->Be creative, pimp your hearing aid.